"Zeltlager schlägt LAN-Party"
"Zeltlager schlägt LAN-Party"
Presseartikel vom 16. Juni 2007 zum Zeltlager der Falken
Mit den Sommerferien beginnt in wenigen Wochen auch die
Zeltlagersaison. Doch es wird immer schwieriger, junge Urlauber in
Zeiten von LAN-Partys und Playstation-Spielen dafür zu begeistern
Die einen fahren in den Bayerischen Wald, die anderen nach Kroatien. Und
alle wollen dasselbe: ihr Kinderzimmer gegen ein Gruppenzelt
eintauschen, Abenteuer erleben, neue Freunde finden. In vier Wochen
beginnen für rund 150.000 Berliner Schüler die Sommerferien - und für
viele von ihnen auch die Zeltlager-Saison.
Unter dem Motto "Du bist nicht allein - Gemeinsam campen gegen den
unsicheren Alltag" bietet der sozialistische Jugendverband "Die Falken"
in diesem Sommer eine knapp dreiwöchige Reise nach Kroatien an. "Die
Gruppe der Sechs- bis 15-Jährigen ist völlig ausgebucht", sagt
Falken-Landessekretär Mark Medebach. "Es gibt sogar schon eine
Warteliste." Für Jugendliche ab 16 Jahren stünden noch Plätze zur
Verfügung.
Medebach erklärt sich den Erfolg der Falken-Zeltlager so: "Wir sind
billiger als viele andere Anbieter und bieten mehr als pure
Lagerfeuerromantik." Tagsüber könnten die Kinder an zahlreichen AGs
teilnehmen. Sie können beispielsweise bei einem Ferienlager-Film
mitmachen, beim internen Radio oder der Lagerzeitung. Darüber hinaus
werde das Ferienlager seinem sozialistisch geprägten politischen
Anspruch gerecht. "Es gibt jedes Jahr Blockseminare mit wechselnden
Themen", erklärt Medebach. In diesem Sommer steht für die Großen die
Prekarisierung auf dem Plan, für die Kleinen das Thema Kinderrechte. Das
Bildungsangebot werde insgesamt gut angenommen. Der starke
Partizipationsanspruch fordere jedes Kind und jeden Jugendlichen auf,
sich aktiv einzubringen und Gemeinschaftsaufgaben zu übernehmen.
"Küchendienst bedeutet bei uns nicht nur, den Tisch zu decken, sondern
auch wirklich zu kochen", erklärt Medebach und fügt hinzu: "Selbst, wenn
es dann mal nicht schmeckt."
Weniger politisch geht es im Zeltlager der Schreberjugend zu. "Wir
fahren seit Mitte der 70er-Jahre in den Bayerischen Wald", berichtet
Oliver Gellert von der Schreberjugend. Normalerweise nähmen je 40 bis 60
Kinder an den drei Reisedurchgängen teil. "In diesem Jahr sind es
zumindest in zwei der drei Gruppen nur 20 bis 30." Woran das liegt, kann
Gellert nicht sagen. "Vielleicht ist unser Angebot nicht mehr
zielgruppenorientiert genug", mutmaßt er. Schließlich biete der
Jugendverband kein Kampftrinken auf Mallorca, sondern ein relativ
klassisches Zeltlager.
Morgens um acht werden alle geweckt, dann gibt es Frühstück. Tagsüber
gibt es die Möglichkeit, schwimmen zu gehen, an Sportturnieren
teilzunehmen oder etwas zu basteln. Abends werden neben Lagerfeuern und
Nachtwanderungen mehrmals die Woche Kinder-Discos veranstaltet. Das ist
heute vielleicht nicht mehr das, was sich der durchschnittliche
14-Jährige wünscht", sagt Gellert. Für viele der Kinder sei es eine
Herausforderung, für zwei oder drei Wochen ohne Internetzugang,
Fernsehen und Playstation auszukommen. Andere mögen nicht auf Bier und
Wodka verzichten. Insgesamt scheine es, als ob Jugendliche zunehmend
Probleme mit Realität und Natur haben. "Ich will meine Ferien nicht in
einem Wald verbringen", habe ihm ein 13-Jähriger letzten Sommer erklärt,
so Gellert. Das sei ihm "zu real".
(taz Berlin lokal vom 16.6.2007, S. 26),
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