Politisches Aktionstheater in U-Bahnen
Politisches Aktionstheater in U-Bahnen
Am 14. Februar veranstaltete ARA-Berlin mit Schüler/innen der Initiative
MuT (Menschlichkeit und Toleranz) ein politisches Aktionstheater im
öffentlichen Raum. Die Schüler/innen sind seit einigen Jahren bereits
gegen Rassismus und Rechtsextremismus aktiv. An der Planung und
Durchführung waren 16 Jugendlichen beteiligt. Die Planung und
Durchführung mit den Jugendlichen fand an 7 verschiedenen Terminen
statt.
1) Ziele Schüler/innen des Netzwerkes MuT wollten in Kooperation mit
uns eine andere, kreative Form der Öffentlichkeitsarbeit erproben und
erlernen: Das politische Aktionstheater. Der Wunsch kam, weil die
Schüler/innen gemerkt hatten, dass es schwer ist, Passant/innen im
öffentlichen Raum auf ihre Arbeit gegen Rassismus und Rechtsextremismus
aufmerksam zu machen. Um die Aktion zu dokumentieren wurden Video- und
Audioaufnahmen gemacht, die später zu einem Video- und Radioclip
verarbeitet werden sollten.
2) Durchführung Das politische Aktionstheater sollte im öffentlichen
Raum, insbesondere in S-Bahnzügen und an S-Bahnhöfen, stattfinden. Die
Konzeption und Durchführung wurde gemeinsam von ARA-Berlin und MuT
geplant und durchgeführt. In einer ersten Besprechung des MuT-Plenums in
Mahrzahn Nordwest wurde die Aktion vorbereitet. Dabei wurden die
Schüler/innen mit der Theorie der Aktionsformen des politischen
Aktionstheaters vertraut gemacht, so wie sie von A. Boal entwickelt
worden sind. Es gab eine Einführung in verschiedene Methoden des
„Theater der Unterdrückten“: in das Forumtheater, unsichtbares Theater
und das Statuentheater. Am 17. Januar fand im Jugendzentrum Falkenburg
mit dem Theatermacher und –pädagogen Harald Hahn ein Workshop mit den
MuT-Jugendlichen statt. Der Workshop beinhaltete die praktische
Einführung in Theatermethoden, um die Schüler/innen auf die Aktion
vorzubereiten. Im ersten Teil wurden die Schüler/innen mit dem
Theaterspielen vertraut gemacht. Sie lernten verschiedene Methoden, wie
STOP AND GO, 1-2-3 und WACHSEN UND SCHRUMPFEN. Im zweiten Teil des
Workshops planten die Schüler/innen dann eine Szene, die für die Aktion
im öffentlichen Raum vorgesehen war. In zwei weiteren Treffen besprachen
wir auf der Grundlage des Theaterworkshops die Details der Aktion. Ein
Informationsfaltblatt (siehe Anlage) wurde vorbereitet und
durchgesprochen. Am Samstag, den 14. Februar 2004 fand die Aktion statt.
Vormittags wurden die letzten Planungen abgeschlossen und nachmittags
wurde die Szene dann mehrfach im S-Bahnhof Ahrensfelde und in der
S-Bahn, Linie 7 zwischen Ahrensfelde und Alexanderplatz gespielt, sowie
in der U-Bahn Linie 2 zwischen Alexanderplatz und Potsdamer Platz. Die
Schüler/innen hatten für die Aktion im S-Bahnhof Ahrensfelde die
Aktionsform STOP AND GO gewählt. Bei dieser Form des politischen
Aktionstheaters laufen alle Teilnehmer/innen verstreut auf dem Bahnsteig
herum. Entsprechend einer Choreographie bleiben die Teilnehmer/innen
stehen. Ein Teilnehmer fängt an und friert ein, die anderen folgen und
frieren zur selben Statue ein. Über den ganzen Bahnsteig verstreut gibt
es Schüler/innen, die zu Statuen erstarren. Die Statuen der
MuT-Schüler/innen hatten Gewalt, Ausgrenzung und Rechtsextremismus zum
Thema. Nach der Aktion wurden jeweils die Informationsfaltblätter
verteilt, in der die Passant/innen zu offensiven Handeln im Falle
rassistischer Übergriffe ermutigt wurden. Durch die Theateraktion hatten
die Schüler/innen eine sehr erhöhte Aufmerksamkeit und die meisten
Passant/innen nahmen ein Flugblatt und lasen es auch. Für die U- bzw.
S-Bahn hatten die Schüler/innen eine Szene mit der Methode WACHSEN UND
SCHRUMPFEN einstudiert. Dabei begann eine Person durch die U-Bahn zu
laufen und sprach laut den Satz: „Diese Leute haben es verdient“, dieser
Person folgten dann die anderen Personen, die Sätze sprachen, wie „Was
meinst du mit: diese Leute haben es verdient?“ und „Mein Nachbar ist
Ausländer“. Immer wenn eine neue Person aufstand und ihren Satz sagte,
sprachen die Vorgänger/innen im Folgenden diesen Satz. Die Choreographie
sah vor, dass das so weiter geht, bis alle an der Szene beteiligten
Schüler/innen im S-Bahn-Waggon in Bewegung waren. Dann schrumpfte die
Gruppe wieder und dementsprechend tauchten die verschiedenen Sätze in
umgekehrter Reihenfolge auf.
3) Ergebnisse und Perspektiven Das Prinzip beider Aktionen beruhte
darauf, sich den öffentlichen Raum kreativ anzueignen und bei den
Passant/innen Aufmerksamkeit für die Arbeit der Schüler/inneninitiative
zu erregen. Durch die Spritzigkeit der Aktion wurden zudem Barrieren
zwischen den Passant/innen und den Schüler/innen abgebaut. Es kam zu
Diskussionen und fast alle Passant/innen lasen interessiert das
Faltblatt. Insbesondere in der S- bzw. U-Bahn konnten die Jugendlichen
eine große Aufmerksamkeit erzielen. Die Faltblätter wurden in großen
Mengen von den Passant/innen gelesen und mitgenommen. Damit hatten die
Schüler/innen mit der Aktion das erreicht, was sie wollten. Die
Passant/innen wurden ‚emotional’ für die Öffentlichkeitsarbeit
zugänglich gemacht. Dies entspricht auch der Theorie des politischen
Aktionstheaters, in dem Theater unter anderem als „emotionaler
Türöffner“ bezeichnet wird. Im Nachgang wurden aus den gemachten
Video- und Audioaufnahmen an dem Tag ein Videoclip und ein kurzer
Audioclip erstellt. Damit soll die kreative Form der
Öffentlichkeitsarbeit auch anderen Gruppen zugänglich und schmackhaft
gemacht werden. Die Schüler/innen, die an der Aktion teilgenommen
hatten, wollen das politische Aktionstheater in ihr Aktionsrepertoire
mit aufnehmen. Eine weitere Veranstaltung zwischen MuT und ARA-Berlin
ist für den Mai angedacht. Da werden wir die Schüler/innen in die
Gedenkstätte Sachsenhausen begleiten. Ziel ist es über KZs und
Nationalsozialismus einen Radiobeitrag und Powerpointpräsentation zu
erstellen.
Wir bedanken uns bei dem QuartiersAgentur Marzahn NordWest für die
Förderung und bei dem Schüler/innennetzwerk MUT und allen
Teilnehmer/innen für den tatkräftigen Einsatz.
Von diesem politischem Theater gibt es einen 3 minütigen Videofilm, der
für die Vorführung hier kostenlos zur Verfügung steht.