Wohnst du noch oder lebst du schon? - Kommunenbildung damals und heute
Wohnst du noch oder lebst du schon? - Kommunenbildung damals und heute
Es war eine wilde Zeit in den siebziger Jahren, vor allem in Berlin. Zu Hochzeiten waren über 170 Häuser durch Menschen, die von einer anderen Art des Zusammenlebens träumten, besetzt. "Wohnungslos muss nicht sein - zieht in leere Häuser ein!" war eine der vielen Losungen im Kampf der BesetzerInnen um selbstbestimmte Freiräume sowie alternative Lebenskonzepte.
So machten sich sehr viele meist Jugendliche und junge Erwachsene auf, leer stehende, dem Abriss geweihte Häuser zu besetzen. Sie schafften sich ihren eigenen Wohnraum, renovierten die Häuser und setzten hinter ihren Wänden ihr eigenes Lebenskonzept um.
In den folgenden Jahren verschwinden viele besetzte Häuser und Projekte in der Folge der Berliner Politik oder des individuellen Wandels. Einige der besetzten Häuser finden sich mit dem Legalisierungsmodell des Berliner Senats ab und erhalten Verträge für "ihre Häuser".
In unserem Projekt - durchgeführt von der SJD - Die Falken, KV Friedrichshain-Kreuzberg - haben wir uns mit der Geschichte dieser Generation im Allgemeinen und im Besonderen auseinander gesetzt. Wir, das sind auch junge Menschen knapp dreißig Jahre später, die in Stadtteilen und Gegenden wohnen, wo damals viele Häuser besetzt waren. Geleitet hat uns bei unserem Projekt das Interesse zu erfahren, wie ein gemeinsames Leben miteinander aussehen und funktionieren kann.
Wir haben uns in gemeinsamen Runden getroffen und recherchiert, gelesen, diskutiert, Filme und Berichte geschaut. Einen Zeitzeugen konnten wir für uns gewinnen, einladen und ihn zu seiner Lebensgeschichte, seinen Erfahrungen und Eindrücken von damals befragen.
Auch heute noch bestehende Projekte haben wir uns näher angesehen und uns Einblicke verschafft. Besonders die Regenbogenfabrik ist uns dabei aufgefallen, denn schon von außen ist sie doch ein bunter Blickfang. Aber auch hinter der Fassade ist hier einiges an Schönem und Kreativem über viele Jahre entstanden und die Fabrik selbst heute nicht aus dem Kiez weg zudenken. Viele Menschen wohnen und arbeiten hier zusammen - es ist ein Anlaufpunkt für alt und jung. Hier haben wir auch ein langes und sehr ausführliches Interview mit drei FabriklerInnen über die Geschichte der Regenbogenfabrik im Herzen Kreuzbergs, aber auch ihre individuellen Lebensgeschichten führen können.
Das Ergebnis unserer Projektes ist eine DVD "Auf den Spuren der HausbesetzerInnen von damals - eine filmische Dokumentation". Die Filmarbeit machte den Jugendlichen großen Spaß. Nachteilig war aber, dass unsere Technik nicht immer so funktionierte, wie wir es gerne gesehen hätten. Der Eifer der Jugendlichen wurde hierdurch aber nicht geschmälert. Sie erkannten, dass die Mühe sich lohnt und sie entwickelten für sich und ihre Lebensplanungen Projekte. Wichtig für uns war, dass die Entscheidung darüber, welche Orte aufgesucht werden sollen und welche Interviews durchgeführt werden von den Jugendlichen selbst getroffen wurden.
Bei unserer Recherche und Zusammenarbeit haben wir sehr viele neue Erfahrungen sammeln und Eindrücke gewinnen können, haben neue Menschen kennen gelernt und Freundschaften geknüpft.
Wenn sich eine Jugendgruppe den Film einmal ansehen möchte, kann sich gerne mit dem KV Friedrichhain-Kreuzberg, Tel. 030/612 034 98 oder per E-Mail pweissert@gmx.de in Verbindung setzen.
Paul Weissert & Kolja Schumann